Das
kann doch nicht alles gewesen sein, sagt sich der 34-jährige
Maschinenbautechniker Willi. Draußen findet das Leben statt, während ich
im Stahlbetonkäfig dieses Industriegiganten meine besten Jahre am
Computer vergeude.
Mitten
in einer erfolgversprechenden Karriere verzichtet er auf seinen gut
bezahlten, sicheren Posten, um mit seiner 37-jährigen Frau Angelika im
fernen, wilden Patagonien den Traum vom einfachen Leben zu
verwirklichen. Schnell stellen die beiden fest, daß die Wirklichkeit des
einfachen Lebens ganz schön schwierig ist. Es sind keine großen
Katastrophen oder lebensbedrohliche Situationen, die sie bewältigen
müssen, trotzdem kommen sie immer wieder an ihre Grenzen.
Außer
einem kleinen Zelt, Schlafsäcke und Matten haben sie nur ein paar
Klamotten im Rucksack. Ein kleiner Topf, ein einziger Löffel und das
Taschenmesser stellen zunächst den gesamten Hausrat dar. Jede Menge
Gutgläubigkeit, Einfältigkeit, Angst vor der eigenen Courage im Herzen
und in der Unterhose eingenäht das viel zu knapp bemessene Startkapital,
so brechen sie auf ins Ungewisse.
Wer
will in der kalten Jahreszeit auf fremder Straße stehen? Die beiden
gehen erst einmal nach Brasilien, um dort den südlichen Winter zu
überbrücken, aber der Traumurlaub unter Palmen versinkt im tropischen
Regen. Alles ist falsch geplant, das Geld reicht hinten und vorn nicht.
Bevor es zur Katastrophe kommt, lernen sie die warmherzige
Gastfreundschaft der Brasilianer kennen. Sie landen als Gäste in einem
unbewohnten Haus. Was für die Einheimischen in diesem entlegenen
Fischerdorf, auf dem letzten Zipfel einer tropischen Insel, Alltag ist,
bedeutet für die beiden Fremdlinge exotisches Abenteuer.
Es
ist kalt und regnerisch, als sie mitten im patagonischen Frühling in
Los Abedules ankommen. Sie finden keine erschwingliche Bleibe und ziehen
mit Sack und Pack auf den Campingplatz. Für fünf turbulente Monate wird
das Zelt unterm Nußbaum ihr Zuhause, während sie in Windeseile vor dem
nächsten Winter ihr Haus bauen.
Vor
anderthalb Jahren hatten sie auf einer dreimonatigen Rundreise durch
Patagonien im Städtchen Los Abedules ein Grundstück mit einem kleinen
Rohbau gekauft. Damals hatten sie das Dach neu decken lassen. Als sie
nun ihrem Eigentum den ersten Besuch abstatten, stehen sie wie vom
Donner gerührt. Anstatt des verwilderten Gemüsegärtchens klafft eine
Grube. Wo einst schwarzer Humus war, ist zäher Lehm. Das neue Blechdach
ist verschwunden, nur ein paar Fetzen Teerpappe flattern im Wind. Von
Toilettenschüssel, Badewanne und Waschbecken fehlt jede Spur. Daß dies
nur ein Vorgeschmack kommender Pannen sein würde, ahnten die beiden
damals nicht.
Wie
soll man bauen, wie einen Gemüsegarten anlegen, wenn man keine Ahnung
hat? Einschlägige Bücher gelesen zu haben genügt nicht. Es fehlt am
geeigneten Werkzeug. Die gedungenen Handlanger gehen ihnen mehr an den
Geldbeutel, als an die Hand. Zu allem kommt der Wettlauf mit der
Inflation. Die Beziehung der beiden wird auf eine harte Probe gestellt.
Campingurlaub
ist eine schöne Sache. Aber wie sieht der Alltag einer Frau aus, die
nach einem Tag auf der Baustelle im Nieselregen am Lagerfeuer kniet und
Eintopf kocht oder im Schneeregen im eisigen Wasser Hemdkragen schrubbt?
Die
schönen Momente wiegen doppelt und dreifach: Sonnige Tage, Abende bei
Gitarrenklängen, neue Freundschaften. Mutter Ziege und ihr Kind, Schafe,
Hunde, die Katze, das freche Küken Lazarus und die streitbare, aber
herzensgute Lina mit ihrem „fürchterlichen“ Pepe sorgen immer wieder für
Lachen und Aufregung.
Herbst zieht ins Land, die Zeit wird knapp, das Geld auch. Wird rechtzeitig Nachschub kommen?
Gerade noch vor den ersten strengen Frösten beziehen sie ihr Haus.
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